Projekte in Chile

Fachtagung „Meeresschutzzone Humboldt Archipel“

La Serena, Landau 27. November 2022.

Schon vor der Gründung von SPHENISCO 2008 setzten sich Bürger, Wissenschaftler und Umweltorganisationen für den Schutz des Humboldt Archipels in Nordchile ein. Seitdem war das Ökosystem von Weltrang immer wieder durch Großprojekte bedroht und beschäftigte permanent die Gerichte. Auch aktuell sind Klagen anhängig, u. a. die Nichtigkeitsklage einer Bürgerin (s. Artikel unter News). Nach der Entscheidung des Corte Suprema vom Mai dieses Jahres muß die Regierung Boric, das Komitee der Minister entscheiden, ob die Genehmigung des Großprojektes „Dominga“ korrekt war und damit gültig ist (siehe „Umweltgericht gibt Klage …“, News).

Jetzt organisierte das Bi-Regionalkomitee Atacama-Coquimbo und SPHENISCO eine Fachtagung in La Serena zum Entwicklungsstand des Küsten- und Meereschutzgebietes in Nordchile mit dem Titel „Entwicklungen und Herausforderungen des biregionalen AMCP-MU (1) „Humboldt-Archipels“. Nahezu alle regionalen Medien kündigten die vom Zoo Rostock geförderte  Fachtagung an und berichteten über den Verlauf. Der Stream ist noch aufrufbar https://www.facebook.com/108251801397144/videos/494882652592626/
und hat bereits fast 600 Aufrufe.

Den Organisatorinnen Nancy Dumen und Karen Quezada (Mitarbeiterinnen von SPHENISCO) gelang es bei der 2. Fachtagung über das Meeresküstenschutzgebiet, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Vertreter zuständiger Behörden und relevante politischen Akteure zu versammeln und mit ihnen über Erfahrungen mit dem Schutzgebiet und die Bedrohungen zu reflektieren, denen das Humboldt Archipel immer wieder ausgesetzt ist.

Der natürliche Reichtum dieses 3.423 Quadratkilometer großen Gebietes macht es zu einem der wichtigsten Hotspots biologischer Vielfalt in Chile. Deshalb ist es dringend erforderlich, eine Naturschutzpolitik zu entwickeln, die einen umfassenden Schutz des terrestrischen und marinen Ökosystems von Caleta Chañaral de Aceituno, Gemeinde Freirina im Norden bis Caleta Hornos, Gemeinde La Higuera im Süden ermöglicht.

Begrüßt wurden die Teilnehmer in La Serena und per Lifestream in aller Welt von Krist Naranjo (Gouverneurin Region Coquimbo), Miguel Vargas (Gouverneur Region Atacama), Gabriele Knauf (Sphenisco), Leonardo Gross (Umweltminister Region Coquimbo) und Rubén Quezada (Beauftragter des Präsidenten Boric). Sr. Rubén Quezada nannte die Schaffung eines Meeresschutzgebiets an der Küste "eine Herausforderung, die 1. keine Begrenzung zulässt und 2. Zivilgesellschaft, Behörden von Atacama und Coquimbo und eine ökologische Verwaltung benötigt, die diese Aufgabe engagiert vorantreibt“. Von der Tagung versprach er sich, dank der Beteiligung der Wissenschaft, mehr Input für die verschiedenen Kommissionen, einschließlich fachlicher Kommissionen, um Grundlagen für die Genehmigung einer bi-regionalen, nicht fraktionierten Meeresschutzzone durch das Komitee der Minister zu schaffen.

Nancy Duman charakterisierte als Ziel der Fachtagung: “wissenschaftliche und fachliche Informationen über die Bedeutung des Humboldt-Archipels zur Verfügung zu stellen. Aktuell werde mit Nachdruck die Schaffung des AMCP-MU (1) als einheitliches Ökosystem vorgeschlagen, und nicht als fraktioniertes Gebiet. Inzwischen sind auch Bedingungen von Schutzgebieten bekannt, die seit 2005 unter offiziellem Schutz stehen. Das Wissen um deren ökologischen Wert ermöglicht es, an den Herausforderungen zu arbeiten, die bei der Schaffung des AMCP-MU (1) „Humboldt Archipel“ zu bewältigen sind".

Die Experten aus Wissenschaft, Institutionen, Verwaltung und Zivilgesellschaft beleuchteten das Thema aus verschiedenen Perspektiven wie 1. Natur- und Kulturerbe „Humboldt-Archipel“ aus Sicht von Wissenschaft und Institutionen, 2. Entwicklungsstand der Schutzzone aus Sicht staatlicher Institutionen und 3. der Rolle lokaler Gemeinschaften bei der Schaffung, Einrichtung und Verwaltung einer Meeresschutzzone mit verschiedener Nutzung.

Im Themenblock „Natur- und Kulturerbe“ stellte zunächst Dr. Guillermo Luna (UCN (2), CEAZA (3)) die Faktoren dar, die die biologische Vielfalt des Humboldt-Archipels determinieren. Dr. Maritza Sepúlveda (Universität Valparaíso) erklärte die Bedeutung des Humboldt-Archipels für den Schutz von Meeressäugern. Last not least stellt Dr. Alejandro Simeone (Andrés Bello Universität) neue Forschungsergebnisse für das Überleben vor: „Fortpflanzung und Ernährung des Humboldt-Pinguins“, erste Ergebnisse des Forschungsprojektes von SPHENISCO (4).

Im Block „Entwicklungsstand“ wurde die aktuelle Situation aus Sicht des regionalen Umweltministeriums (Ministerio Mediombiente) und der Fischereibehörde (Sernapesca) präsentiert.                                 

Im Themenblock „Rolle der lokalen Gemeinschaften“ sagte Josué Ramos, Vorsitzender der Genossenschaft und Mitglied der Gewerkschaft Los Choros, dass die Tagung "sehr positiv zu bewerten ist, da sie breit informiert, über die Situation der Gemeinden und alles, was mit dem Schutz der Meere und des Humboldt-Pinguins zu tun hat. (...). Wir haben ein Bewusstsein entwickelt für unseren Lebensraum und für alles, was uns im Humboldt-Archipel umgibt. Das Archipel bedeutet für uns materielle Existenzsicherung. Und so wie wir davon leben konnten, sollten es auch die nachfolgenden Generationen tun können. Die Menschen, die dort leben, und diejenigen, die in dieses Gebiet kommen werden, sollten auch die Möglichkeit haben, diese Ruhe und diesen Frieden hier zu genießen. Daher ist es für uns sehr wichtig, dass das Schutzgebiet so bald wie möglich umgesetzt wird. Danach stellten der Vertreter der indigenen Gemeinschaft der Changos und Katerina Varas Koordinatorin des GEF-Projektes (5) ihre Positionen vor.

Verlauf und Resonanz der Fachtagung waren sehr gut. Leonardo Gross, Umweltminister der Region Coquimbo traf es in seinem Grußwort ganz gut, wenn er feststellte: „Es ist immer gut, in einen Dialog zu treten, um Unklarheiten zu besprechen, sich gegenseitig kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen, um nicht nur bei der Deklaration der AMCP-MU, sondern auch bei ihrer Gestaltung und Verwaltung voranzukommen. Wir müssen uns darüber verständigen, wie die verschiedenen Aktivitäten in dem Gebiet durchgeführt werden sollen. Und zwar aus Sicht der Bürger, so dass alle davon profitieren und die Erhaltung wie auch die künftige Entwicklung dieses Meeresgebietes nicht gefährdet wird. Ein Ökosystem, das angesichts einer so komplexen Realität wie dem Klimawandel als Hoffnungsträger für den Planeten gilt".

W.K.

Anm.

(1) AMCP-MU - Área Marina Costera Protegida múltiplos usos, Meeresküstenschutzgebiete mit verschiedener Nutzung

(2) UCN - Universidad Católica del Norte, Coquimbo

(3) CEAZA - Centro de Estudios Avanzados en Zonas Áridas, Zentrum für fortgeschrittene Studien in Trockengebieten, Universidad Católica del Norte, Coquimbo

(4) Das 6-jährige Forschungsprojekt „Forschung fürs Überleben“ wird aktuell vom Zoo Dresden, Förderverein Tierpark Hagenbeck, Hamburg und der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe gefördert.
(5) GEF - Global Environment Facility ist ein internationaler Mechanismus zur Finanzierung von Umweltprojekten in Entwicklungsländern. Das in La Higuera laufende Projekt "Coastal Marine Governance" (Verwaltung der Küstengebiete) hat das Ziel, die Meeresressourcen in den Küstengebieten für heutige und künftige Generationen zu erhalten und zu nutzen.

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