Oberkirch 23. Februar 2023.
„Happy New Year“ wünschten sich am 7. Januar Sphenisco-Mitglieder von verschiedenen Fleckchen der Erde aus, denn außerhalb ihres sommerlichen Familientreffens ist die Population ja immer so verstreut wie die Punkte auf einem Pinguinbauch. Aus verschiedenen Zeitzonen und noch verschiedeneren Orten (im Hintergrund erkannte man zumindest Küstenpanoramas, Fischerhäfen, Zebras, eine Katzentreppe, einen Weihnachtsbaum und einiges Bizarres mehr) prosteten sich die Freunde der südamerikanischen Frackträgerchen also gut gelaunt mit Sekt, Kaffee, Tee oder anderen Leckereien zu und übermittelten sich gute Wünsche für das neue Jahr. Nicht überliefert ist, ob die deutschen, chilenischen und peruanischen Bildschirme von der feuchtfröhlichen, womöglich aus dem Glas geschwappten Energie verschont blieben – die Teilnehmer jedenfalls nicht, denn der Funke der Verbundenheit sprang mal wieder ruckizucki über.
Ein halbes Jahr nach dem letzten Kolonietreffen gab es auch tatsächlich wieder reichlich Gesprächsstoff. Dieser wurde auf deutsch oder spanisch kommuniziert und von mehreren Teilnehmern im intuitiven Wechsel übersetzt; von Vania z.T. sogar zusätzlich im simultan Chat, chapeau!
So beschrieb Nancy gleich zu Beginn den dramatischen Ist-Stand des nicht enden wollenden Domingagerangels, denn das absurde Bauvorhaben war wieder genehmigt worden. Auch hätten die politischen Veränderungen in Chile, kombiniert mit gebrochenen Versprechen seitens der Regierung im Naturschutz Desillusionierung und Misstrauen bei vielen Menschen ausgelöst, was einen rückläufige Teilnahme an Protestaktionen befürchten lässt. Da kamen die brandneuen wissenschaftlichen Beweise des Forscherteams um Alejandro zur küstennahen Nahrungssuche der Humboldtpinguine gerade rechtzeitig. Denn deren schnelle Veröffentlichung hätte womöglich das Potential, den nächsten, bereits vor der Tür stehenden Domingaverhandlungen einen kräftigen Schubs zurück in Richtung „Ja zur Meeresschutzzone“ zu geben (Anm. was erfreulicher Weise dann auch geschah). Alejandro bestätigt diesen Gedanken mit dem Fazit: „Durch wissenschafftliches Arbeiten, durch harte Fakten kann man Pinguine schützen“. Sphenisco Landau gratulierte dem Team zu seinen wirklich interessanten Ergebnissen und dem sehr gelungenen Unterwasserfilm „Armada“. Auch weitere Ideen zur öffentlichkeitswirksamen Nutzung dieser bedeutenden Forschungsergebnisse sind an dem Nachmittag entstanden. Denn das einzige Netz, das für Pinguine bekanntlich gut ist, ist das respektable Netzwerk, das Sphenisco im Laufe der Jahre aufgebaut hat und gezielt nutzt.
Auch zu neuen Vernetzungen gab es in der entspannten Runde Gelegenheit. So fanden sich auf deutscher und chilenischer Seite Mitglieder, die sich eine Kooperation bei schulischen Umweltbildungsprojekten vorstellen können, z.B. in Form virtueller Begegnungen von Schulklassen, die evtl. in diesem Jahr beide an einem Pinguinschutzprojekt arbeiten. Auch konnte die Möglichkeit zu einem persönlichen Treffen zweier deutscher Mitglieder mit Partnern in Chile / Peru während eines geplanten Chileurlaubs im Frühjahr verabredet werden. Aus Peru berichtete Milagros (Acorema) von den gewaltsamen Unruhen, der daraus resultierenden Belastung und Gefahr für die Menschen vor Ort sowie der entsprechend erschwerten Pinguinzählung. Alejandro und Milagros vereinbarten, die Ergebnisse ihrer jeweiligen Zählungen aus Chile und Peru zusammenzubringen. Auf Nachfrage zeichnet sich wohl jetzt schon ab, dass zumindest die chilenische Population im Vergleich zu den letzten Zählungen geschrumpft ist.
Am Ende des intensiven und zugleich kurzweiligen Meetings drückte Gabriele noch einmal Spheniscos audrücklichen Dank für die „konkrete Kraftarbeit“ aus, die in verschiedenster Form geleistet wurde und wird, so z.B. für Alejandros „kilometerweite Krabbelei“ zu den Nestern und Milagros Zählung „auch in großer Höhe“. Sie übermittelte ihren Respekt und ihr Mitgefühl für die harte und tolle Arbeit vor Ort in Chile und Peru, genauso wie ihre Sorgen um unsere aktiven Mitglieder in Südamerika, die von den gewaltsamen Unruhen umgeben sind. Auch Nancy (Chile) versicherte Milagros (Peru) ihre ganze Solidarität. Dem schlossen sich alle Teilnehmer durch symbolische Gesten an.
Fazit des Neujahrsmeetings 2023: Trotz der deprimierenden Neuigkeiten bzgl. Dominga bleiben wir alle optimistisch. Die Pinguine bleiben bestehen! „Wenn man für den Humboldtpinguin einen Schirm aufspannt, beschirmt man auch den ganzen Lebensraum!“
Nicole Bertram
Anm.
(1) Manchmal brauchen nicht nur die Dinge, sondern auch Texte ihre Zeit.