Projekte in Chile

Forschungs-Impressionen – 1. Teil

Insel Choros, Region Coquimbo, Chile 13. Juni 2022

13. Juni - Tag 1

Wir haben es tatsächlich geschafft und sind auf Isla Choros angekommen. Und - für mich echt unglaublich - wir haben hier erstklassigen Mobilfunkempfang! Da lass ich es mir nicht nehmen Euch einen kurzen Expeditionsbericht zu schicken. (Verzeihung im Voraus für etwaige Rechtschreib- oder Grammatikfehler - ich tippe all dies in meinem Zelt liegend auf meinem Handy).

Nach einer Nacht in Punta Choros, ist unser vierköpfiges Team - Alejandro, Max, Karen und Thomas - heute morgen gegen 10 Uhr endlich zur Isla Choros aufgebrochen. Es gab fast eine Woche Verzug, da Alejandro im Vorfeld an Covid-19 erkrankt war.

Nach eine halbstündigen Überfahrt begann das Abenteuer des Anlandens. Die Insel lässt sich nur über einen vorgelagerten Felsen betreten, der bei Flut allerdings vom Strand abgeschnitten ist. Nachdem wir mit viel Aufwand unsere in unzähligen Taschen, Expeditions-Kisten und -Koffern auf den Felsen gewuchtet hatten, mussten wir noch etwa 1 Stunde dort ausharren, bevor wir die Ausrüstung tatsächlich an Land bringen konnten.

Doch damit waren wir leider noch lange nicht angekommen. Aufgrund von Vorsichtsmaßnahmen aufgrund von Tsunami-Gefahr, darf man auf Isla Choros nicht mehr am Strand campen. Statt dessen mussten wir unser Gepüngel als nächstes auf das etwa 80 Höhenmeter über uns gelegene Plateau bringen. Ein schmaler Trampelpfad durch Sturmvogel-Kolonien führt dort hinauf.

Etwa 3 Stunden nachdem unser Team von Bord auf den Felsen gesprungen war, sackten wir zwischen gefühlten Tonnen, welche wir hier hochgehievt hatten, in unserem Camp auf dem Plateau zusammen.

Nach einer wohlverdienten Pause, stand am Nachmittag dann eine erste Bestandsaufnahme auf dem Programm. Wie viele Humboldtpinguin-Nester sind aktiv und in welcher Brutphase sind sie. Für das Projekt wollen wir uns auf Nester mit Küken konzentrieren.

Humboldtpinguine, welche über Jahrtausende vom Menschen gejagt wurden, sind entsprechend extrem scheu. Daher ist es wichtig mit Pinguinen zu arbeiten, die eine enge Bindung zu ihrem Nest haben, was erst mit dem Schlüpfen der Küken der Fall ist. Davor ist das Risiko zu groß, daß die Pinguine, die durch Interaktion mit uns gestört werden, ihr Nest aufgeben.

Die ersten Nester waren etwas besorgniserregend - wir fanden erst einmal nur Pinguine auf Eiern. Sind wir etwa zu früh?

Am Ende des Tages hatten wir aber dann doch Positionen von etwa 15 Nestern mit Küken aufgenommen. Die meisten dieser Küken sind allerdings erst ein paar Tage alt, so dass wir noch einige Zeit warten müssen, bevor wir die Elterntiere mit GPS Datenloggern ausrüsten können. 

Zum Sonnenuntergang wurde die Insel lebendig. Hunderte von Sturmvögeln kamen zu ihrem Nestern zurück und erfüllen seither die Stille über Insel mir ihren gutturalen Gesang. Dazwischen ist immer wieder das Trompeten der Humboldtpinguine zu vernehmen. 

Diesem Konzert lauschend geht für uns der erste Tag auf Isla Choros in unseren Zelten zu Ende.

16. Juni - Tag 4


Die ersten vier Tage auf Isla Choros hätten wahrscheinlich ein Perimeter zur Explosion gebracht. Glücklicherweise hat keiner im Team ein Fitbit oder ähnliches am Arm. Obwohl die Insel nur 4 Km lang ist, haben wir vier schätzungsweise 200 km zu Fuß zurückgelegt, immer auf der Suche nach Pinguinnestern, die sich für unsere Arbeit eignen.

Ich allein habe die Positionen und Eigenschaften von 90 Pinguinnestern erfasst wobei ich mich hauptsächlich auf halbwegs geschlossene Nester konzentrierte. Denn das ist eine Voraussetzung für unsere Arbeit: Ein Nest mit nur einem Eingang, möglichst geräumig aber nicht zu tief.

Humboldtpinguine mögen es nicht gerne von Menschen aufgehoben zu werden. Wenn diese Menschen dann auch noch kleine GPS Fahrtenschreiber an ihren Federn befestigen, macht das den Vögeln noch weniger Freude. Da können schon Mal Fluchtgedanken aufkommen, was den Küken nicht gut bekommen würde. Wenn man allerdings einen Pinguin, der gerade die etwa zehnminütige Ausrüstungsprozedur über sich ergehen liess, in ein geschlossenes Nest entlässt, wird nicht nur die Flucht unterbunden, es wird auch direkter Kontakt zum Nachwuchs hergestellt, was die letzten Fluchtgedanken vertreibt.

Also, geschlossene Nester mit Küken, die mindestens eine Woche alt sind, ist was wir brauchen. Dummerweise scheinen wir etwa zwei Wochen zu früh auf die Insel gekommen zu sein, denn die meisten Nester auf Isla Choros beinhalten Eier oder gerade geschlüpfte Küken. 

Es gibt sie aber, die Nester die wir brauchen. Wir mussten halt vier Tage suchen. Und heute Abend, gegen 18 Uhr haben wir den zehnten und letzten unserer GPS Fahrtenschreiber auf einem Pinguin angebracht!

Jetzt heißt es warten. Der Plan ist, die Geräte 5-8 Tage auf den Vögeln zu belassen. Im Idealfall könnten wir sie bei zwei oder mehr Jagdtrips verfolgen. Doch es scheint, als ob die Pinguine Trips von 2-3 Tagen Länge absolvieren. Daher haben wir unsere Erwartungen etwas zurückgeschraubt.

Nächste Woche wissen wir mehr!

19. Juni - Tag 7

Wir haben die ersten Daten! 

Nachdem wir die letzten 3 Vögel vor nunmehr 5 Tagen mit GPS-Loggern ausgerüstet haben, war es heute an der Zeit die Geräte einzusammeln. Leider ist nicht alles so gelaufen wie gehofft.

Das erste Nest ist aufgegeben worden, nachdem die Küken untertags von einem Geier gefressen wurden. Wir haben die Geräte in der Nacht angebracht. Das Verschwinden der Küken ist also nicht unserer Intervention zuzuschreiben. Wir haben seither nichts mehr von dem Vogel mit Gerät gesehen und wir müssen dieses wohl abschreiben.

Im zweiten Nest, haben wir den GPS-Logger schon gestern vom Vogel geholt. Der Grund, dieser Pinguin hat das Nest seit Tagen nicht verlassen. Seine Partnerin ist auf See verschollen und es sieht nicht gut aus für das hungrige Küken. Die Partnerin war nicht auf dem Nest, als wir das Gerät angebracht haben. Deshalb gehen wir davon aus, dass unsere Intervention hier keinen Einfluss hatte.

Im dritten Nest, haben wir gerade eben unseren Logger-Vogel gefunden und das Gerät wiederbekommen. Und dieses Weibchen hat in den vergangenen vier Tagen, zwei Jagdtrips unternommen. Und die Daten sind hervorragend!

20. Juni - Tag 8

Haben heute vier weitere Fahrtenschreiber von Pinguinen geholt. Für eine Pilotstudie, haben wir schon prima Daten! Den Ort des Forschungsvorhabens sehen Sie auf folgender Karte.

Thomas Mattern

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