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„Dominga“ erneut abgelehnt - Erleichterung und Eskalation der Gewalt

Landau, 12. Januar 2025.

Der natürliche Reichtum und die globale Bedeutung des Humboldt Archipels in Nordchile ist so groß, dass der Archipel 2023 zum „geschützten Küstengebiet mit verschiedenen Nutzungen“ erkärt wurde. Mit der Unterschutzstellung wurde eine Forderung der Bürger und der wissenschaftlichen Communities erfüllt, auf die sie mehr als 15 Jahre sehnsüchtig gewartet haben.

Das Urteil von Antofagasta

Anfang Dezember hat das Erste Umweltgericht von Antofagasta einer Klage der Firma Andes Iron stattgegeben und das Komitee der Minister verpflichtet, erneut über die Umweltverträglichkeit des Hafen- und Bergbauprojektes „Dominga“ abzustimmen (siehe Artikel „Das Umweltgericht überschreitet seine Befugnisse“ vom 9. Dezember 2024). Über diese Entscheidung wurde in den Medien ausführlich berichtet und diskutiert. Zudem löste der Gerichtsbeschluss viele Proteste aus. So blockierten Fischer und Vertreter lokaler Organisationen die Autobahn (Route 5), Wissenschaftler wiesen in öffentlichen Erklärungen auf die Gefahren des Projektes hin, mehr als 40 Umwelt-, Sozial-, Fischer-, Kultur- sowie indigene Organisationen übergaben in der Moneda einen offenen Brief an Präsident Borić. In dem Schreiben brachten sie ihre strikte Ablehnung des Urteils von Antofagasta zum Ausdruck und forderten das Minister Komitee auf, die bisherige Entscheidung zu bestätigen und „Dominga“ wegen schwerwiegender ökologischer und sozialer Auswirkungen auf den global bedeutsamen Humboldt Archipel erneut abzulehnen. Nancy Duman, Sprecherin der Allianza Humboldt, wies darauf hin, dass das Umweltgericht wiederholt zu Gunsten von „Dominga“ geurteilt habe. Deshalb seien alle sozialen und ökologischen Organisationen gezwungen, Maßnahmen zur Ablehnung dieses Urteils zu ergreifen. Ende Dezember reichten lokale Organisationen der Gemeinde La Higuera und Vertreter der Zivilgesellschaft beim Obersten Gerichtshof Berufungen ein und forderten das Oberste Gericht auf, das Urteil von Antofagasta aufzuheben. Auch die SEA (Umweltprüfungsdienst) verteidigte die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Ministerkomitees und legte ebenfalls Berufung beim Corte Suprema ein. Die Abgeordnete Caroline Tello beantragte, dass der Ausschuss „für Umwelt und natürliche Ressourcen“ des chilenischen Parlamentes in Coquimbo tagt und sich gründlich mit Thema „Dominga“ befasst.

Erneute Ablehnung von „Dominga“

Am 8. Januar beschloss der Ministerrat in einer außerordentlichen Sitzung unter Vorsitz des Umweltministeriums und bestehend aus Vertretern der Ressorts Wirtschaft, Gesundheit, Energie, Bergbau und Landwirtschaft einstimmig, das Bergbau- und Hafenprojekt „Dominga“ erneut ungünstig zu bewerten. Die Mitglieder des Ausschusses analysieren bei ihrer Entscheidung die fachlichen Gründe der Bürgerbeschwerden unter Beachtung der Darlegungen des Umweltgerichtes.

Die erneute Ablehnung wurde von Vertretern der handwerklichen Fischerei, des Tourismus, der Landwirtschaft sowie der Zivilgesellschaft mit Erleichterung aufgenommen. Sie hatten sich vor dem Büro des Regionalsekretariats für Umwelt in der Region Coquimbo und vor dem Umweltministerium in Santiago versammelt. „Wir freuen uns über die Ablehnung. Wir haben gemeinsam mit Wissenschaftlern verschiedene Maßnahmen ergriffen, die es möglich machen, unsere Tätigkeit, die handwerkliche Fischerei, im Schutzgebiet Humboldt Archipel aufrechtzuerhalten,“ sagte Óscar Avilez, Präsident der Vereinigung der Fischer von Punta de Choros. "Wir leben davon, dass unsere Umwelt dauerhaft erhalten bleibt, dass zukünftige Generationen sie nutzen und dass wir ihnen ein Erbe hinterlassen können. Deshalb sagen wir laut und deutlich Nein zu Dominga", sagte Avilez.

Carolina Bahamondes, Präsidentin der Bewegung zur Verteidigung der Umwelt von La Higuera (MODEMA), sagte, dass die Ablehnung von „Dominga“ auch Aktivitäten von wachsender Bedeutung wie dem Tourismus schützt. Es gehe um ein Küstengebiet mit den größten Vorkommen von Walen, Humboldt Pinguinen sowie anderer gefährdeter Arten wie dem Chungungo. "Die neue Ablehnung des Projekts bestätigt, dass das Projekt „Dominga“ ernsthafte Mängel aufweist. Es ist auf Basis von fachlichen Stellungnahmen der zuständigen Behörden und der Wissenschaft in unserem Territorium, einem einzigartigen Ort auf der Welt, nicht realisierbar", fügte sie hinzu.

„Die Entscheidung erfüllt die Forderungen des Umweltgerichts von Antofagasta, das diese Abstimmung angeordnet hat. Das Ministerkomitee hat in Ausübung seiner Befugnisse beschlossen, „Dominga“ erneut abzulehnen, weil man der Überzeugung ist, dass die Auswirkungen des Projektes über das hinausgehen, was rechtlich zulässig ist, und dass das Projekt in diesem Gebiet nicht rentabel ist. Kurz gesagt, das Projekt ist schlecht für das Land“, sagte Ezio Costa, Exekutivdirektor der NGO FIMA. "Konkret geht es darum, dass der administrative Prozess - Prüfung der Umweltverträglichkeit - bei drei Gelegenheiten mit der Ablehnung des Hafen- und Bergbauprojektes abgeschlossen wurde", fügte der Anwalt hinzu, der die NGO Oceana in dem Rechtsstreit vertritt.

Vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung von Dominga im Jahr 2017 hatten die lokale Gemeinschaft und Umweltorganisationen bereits gewarnt, dass das Projekt schwerwiegende fachliche Mängel aufweise. So werden u. a. unzureichende „Basislinieninformationen“ präsentiert, Einflussbereich und Auswirkungen unterschätzt sowie neue Schifffahrtrouten, mögliche Ölverschmutzungen mit Kohlenwasserstoffen, der erhöhte Salzgehalt in den Gewässern und der Eingriff in Grundwasserleiter nicht berücksichtigt.

"Dies ist ein einzigartiger Ort von globaler Bedeutung und der gesamte Archipel ist aus Sicht der biologischen Vielfalt als Einheit zu betrachten", erklärte Dr. Carlos Gaymer, Meeresbiologe an der Katholischen Universität des Nordens. "Auf Grund seiner einzigartigen Eigenschaften ist der Humboldt Archipel durch menschliche Aktivitäten sehr verwundbar. Deshalb können Aktivitäten mit großen Auswirkungen wie Bergbau- und Hafenaktivitäten nicht installiert werden. Zu bevorzugen sind Aktivitäten mit geringen Auswirkungen, wie handwerkliche Fischerei und Tourismus, die bereits vor Ort entwickelt werden", fügte Dr. Gaymer hinzu.

Tumulte und Gewalt bei der Sitzung des Umweltausschusses

Einen Tag nach der Sitzung des Minsterrates traf sich der Ausschuss „für Umwelt und natürliche Ressourcen“ des chilenischen Parlamentes im städtischen Auditorium von Coquimbo. Die Parlamentarier wollten unterschiedliche Meinungen von Gemeinden und Wissenschaft, von Befürwortern und Gegnern des „Dominga“ Projektes anhören. Die Sitzung verlief jedoch nicht regulär, da Mitglieder der Gewerkschaft Fadechi (Sindicato Nacional Interempresas de Faeneros de Chile) mit Schreien, Bannern, Trommeln und anderen Instrumenten vor dem Auditorium protestierten. Félix González, Sitzungsleiter und Abgeordneter der Grünen Umweltpartei reagierte auf die Proteste und ließ die Demonstranten mit dem Versprechen in den Sitzungssaal, dass sie einen ruhigen und normalen Verlauf der Versammlung zulassen würden. Die Störungen hörten jedoch nicht auf, steigerten sich sogar bis zu verbalen und körperlichen Angriffen auf den städtischen Sicherheitsdienst.

„Die Gewalttäter waren Mitglieder der Gewerkschaft Fadechi, die von der Firma Andes Iron bezahlt wurden. Sie wollten die Versammlung boykottieren“, stellte der Abgeordnete Félix González gegenüber der Presse fest und ergänzte „sie schicken Menschen, um Verbrechen bei einer Aktivität der Abgeordnetenkammer zu begehen, das ist inakzeptabel". Der Abgeordnete weiter: „Andes Iron sollte „als geistiger Urheber“ des Vorfalls zur Verantwortung gezogen werden.“

Die Abgeordnete der Region Atacama, Daniella Cicardini sagte: „Die Lumpen von „Dominga“ griffen Frauen, Beamte, Nachbarn an und drohten Parlamentariern mit dem Tod. Alles mitten in der Sitzung des Umweltausschusses. Von einem Projekt, das für Korruption steht, können sie nichts anderes erwarten“.

Alianza Humboldt verurteilte in einer Pressmitteilung: „diese Gewaltakte und forderte die volle Härte des Gesetzes. Einschüchterung, körperliche und verbale Gewalt dürfen in demokratischen Gremien nicht die Oberhand gewinnen. Die Videos zeigen, wie Vertreter des Sindicato Nacional Interempresas de Faeneros de Chile (Fadechi), einer Gewerkschaft, die „Dominga“ unterstützt …, das Sicherheitspersonal im Theater von Coquimbo angreifen.“

Das Urteil von Antofagasta und die darauf folgenden Ereignisse zeigen, dass der Umwelt- und Artenschutz enorm unter Druck steht und immer radikaler bekämpft wird. Es sei daran erinnert, dass der Schutz des Humboldt Archipels, eines Ökosystems von globaler Bedeutung, eigentlich zu schwach, unzureichend ist. Sphenisco dankt allen chilenischen Umweltschützern und Wissenschaftlern für ihre jahrelanges, unermüdliches und höchst professionelles Engagement.

W.K.

Quellen
NGO Oceana, Chile https://chile.oceana.org
El Commual La Higuera (elektronische Zeitung) https://www.elcomunal.cl
El Mostrador (chilenisch Online-Zeitung) https://www.elcomunal.cl
Pressemitteilung Alianza Humboldt

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